Dieses Jahr habe ich
eine Weihnachtsgeschichte aus Sicht meines Patenkindes (5 Monate)
geschrieben.
Maltes erstes Weihnachtsfest
24. Dezember, 03:25 Uhr:
24. Dezember, 03:25 Uhr:
Ich wache auf. Papa
schnarcht ein Weihnachtslied und Mama sabbert auf mein Gesicht.
„Ekelhaft“, denke ich und beschließe, die Nacht an dieser Stelle
zu beenden. Als ich bemerke, dass wildes Herumgezappel nicht zum
gewünschten Ergebnis führt, beginne ich zu brüllen. Mama öffnet
die Augen und schaut mich etwas grummelig an. „Du siehst müde
aus“, sage ich ihr, doch sie versteht mich nicht. „Kann man nicht
einmal durchschlafen?“, fragt sie mich und schiebt mir
meinen Schnuller in den Mund. Ich denke, dass sie doch eigentlich
aussieht, als hätte sie sich richtig „durch“ geschlafen.
Währenddessen hat
Papa die Musikrichtung gewechselt. Gerade, als ich mir vorgenommen
habe, ihn zu wecken, boxt ihn Mama auf die linke Schulter. „Alter,
kannst du eigentlich auch mal aufwachen?!, schimpft sie und geht in
die Küche, um mir meine Flasche zu machen. Ihr scheint nicht klar zu
sein, dass ich exakt jetzt, in diesem Moment, Hunger habe und nicht
noch mehrere Sekunden warten möchte, weshalb ich diese Dringlichkeit
durch lauteres Schreien zum Ausdruck bringen muss.
„Heute kommt der
Weihnachtsmann“, flüstert Papa mir verschlafen zu. Wie alt er wohl
ist, dass er immer noch an den Weihnachtsmann glaubt. Dann knutscht
er mich ab und zieht Grimassen. Ich darf nicht vergessen, ihm in ein
paar Jahren zu erzählen, dass so etwas nicht sehr vorteilhaft
aussieht.
24. Dezember, 08:15
Uhr:
Ich wurde gezwungen,
noch ein Nickerchen zu machen, was ich ziemlich egoistisch finde.
Eigentlich, so denke ich, wollten Mama und Papa nämlich nur selber
schlafen. Jetzt, wo alle wach sind, liege ich auf meiner Decke und
mache etwas für die Muskulatur. Mama sagt immer, ich sehe aus wie
ein Zitteraal. Dabei versteht sie einfach nicht, wie richtiges
Workout funktioniert.
Gerade, als ich mich
auf den Bauch gelegt habe, ertönt eine schrille, schiefe Stimme.
Mama singt schon wieder irgendetwas von einer Weihnachtsbäckerei und
wackelt dabei mit ihrem Hintern von links nach rechts. Ich glaube,
dass sie sich jedes Mal die Hüfte dabei ausrenkt. Vielleicht sollte
sie doch mal mit mir trainieren, denke ich und bumse mit dem Kopf auf
den Boden, als ich mich zurück auf den Rücken drehen will. „Boing“,
ruft Mama dann immer. Ich muss mir noch ein gutes Geräusch für ihre
Hüfte überlegen…
24. Dezember, 10:45
Uhr:
Papa beschnuppert
mich. Ich habe mal gehört, dass Hunde das machen, um zu überprüfen,
ob das Gegenüber paarungsbereit ist. Anfangs habe ich dann immer
gepupt, um ihn zu verjagen, aber das hat nicht viel gebracht. Ich
glaube, Mama und Papa mögen einfach den Geruch. Sie nehmen mir dann
immer meine Hose weg und verstecken sie irgendwo. Ich denke, ich
sollte ihnen das Vergnügen einfach lassen, solange sie das Gleiche
nicht von mir verlangen.
24. Dezember, 12:30
Uhr:
Hektik bricht aus.
Mama redet seit Stunden davon, sie müsse noch duschen, aber sie
könne sich nicht aufraffen. Ich habe sie dann angekotzt, um ihr die
Entscheidung leichter zu machen. Hat auch funktioniert. Währenddessen
zieht Papa mir neue Klamotten an. „Er sieht so süß aus in dem
Anzug“, sagt Mama, als sie fertig ist mit duschen. Ich bin mir
nicht sicher, ob das etwas Gutes ist. Ich meine, ich mag Mama und
Papa ja auch, aber süß sind die beim besten Willen nicht. Abgesehen
davon haben wir sowieso leichte Kommunikationsprobleme. Wenn Papa
denkt, er bringt mich zum Lachen, dann lache ich ihn meistens einfach
aus. Und Mama schaut mich dauernd so skeptisch an. Sie zieht dann
eine Augenbraue nach oben und fragt mich, ob sie mir irgendwie helfen
kann. Dabei ist das alles gar nicht so schwer: Wenn ich schreie, dann
habe ich entweder Hunger, bin müde, habe eine volle Windel, habe
Bauchweh, liege zu flach, sitze nicht richtig, sitze falsch herum,
ist mir langweilig, habe ich nicht alles im Blick, will ich jemanden
nerven oder mir sitzt einfach ein Pups quer. Aber ich denke, wenn
Mama und Papa richtig sprechen gelernt haben, dann wird das alles
auch etwas einfacher.
24. Dezember, 17:00
Uhr:
Wir sind zu Opa und
seiner Freundin gefahren. Dort sind ganz viele Menschen, die ich
schon kenne. Wenn Uroma mich begrüßt, setze ich immer mein
breitestes Grinsen auf. Ich Schelm weiß nämlich, wie man Menschen
um den Finger wickelt. Am Anfang drücken mir dann alle immer ihre
Lippen ins Gesicht und machen dabei so ein komisches Geräusch. Ich
scheine ein ziemlich guter Fang zu sein.
Im Wohnzimmer steht
ein großes, grünes Dingens mit ganz vielen Päckchen darunter. Papa
hat mal erzählt, dass man zu Weihnachten immer Geschenke bekommt,
weil an dem Tag so ein Joseph Christian geboren wurde. Die Geschenke
kämen vom Weihnachtsmann, doch ich weiß inzwischen, dass er mich
angeflunkert hat. Meine Patentante hat mir erzählt, dass ich später
mal Eindruck schinden könnte, wenn ich schon weiß, dass es den
Weihnachtsmann gar nicht gibt. Dann wäre ich ein ganz schlauer
Fuchs. Aber das müsste ich erst einmal für mich behalten, damit
später die Überraschung größer ist.
24. Dezember, 19:00
Uhr:
Papa ist in den
Weihnachtsbaum gefallen, weil er über mein Fläschchen gestolpert
ist. Ich meine, natürlich könnte ich das selber halten. Aber das
ist eben auch anstrengend. Also ist mir die Flasche während des
Trinkens heruntergefallen und dann ging alles ganz schnell. Oma hat
gesagt, er sieht nun ein bisschen aus wie der Grinch. Ich weiß
nicht, wer das ist, aber das ist auch egal. Den Trick mit der Flasche
muss ich mir auf jeden Fall merken.
24. Dezember, 20:40
Uhr:
Mir werden ganz
viele Geschichten erzählt. Es gibt Erzbengel und Bengel. Joseph
Christian wurde in Bettlehem geboren und hat in einer Kippe
geschlafen. Der Weihnachtsmann kommt immer mit seinem Knecht Robert
und mit seinem Renntier Rudi mit der roten Nase. Tante Christina will
später mal einen Weihnachtsmann aus Schnee mit mir bauen. Dann
sammeln wir kleine Äste für die Arme, Steinchen für die Augen und
eine Charlotte nehmen wir als Nase. Ich weiß zwar nicht, wie wir
Mama im Gesicht befestigen wollen, aber irgendwie wird das schon
gehen.
24. Dezember. 23:00
Uhr:
Ein paar haben schon
sprechen gelernt, nachdem sie diesen Sprühwein getrunken haben. Ich
habe das Gefühl, wir sind jetzt mehr auf einer Wellenlänge. Onkel
Robert hat mich sogar gefragt, ob ich einen Schlägermeister mit ihm
trinken möchte und musste dann ganz laut kichern. Mama nicht.
Bei jeder
Gelegenheit versuchte ich den Abend über, Uroma ganz breit
anzugrinsen. Das Gleiche versuchten Tante Christina und meine
Patentante bei mir. Das war etwas gruselig, weil sie mich zeitweise
anstarrten. Aber mir ist nichts passiert – Gott sei Dank.
Nun brechen alle
auf. Ich bin auch ganz schön geschafft, weil ich mich um so viele
Menschen kümmern musste. Wenn ich mal älter bin, möchte ich nicht
so abhängig und etwas selbständiger sein. Ich frage mich wirklich,
wie sie zuvor ohne mich klar gekommen sind.
25. Dezember, 03:25
Uhr:
Ich wache auf…
Fröhliche
Weihnachten :-)